Über den Dächern von Jerusalem

von Anja Reumschüssel / Carlsen / 16,00 € 

Nominiert für den Jugendliteraturpreis 2024 

 

Die 15-jährige Holocaust-Überlebende Tessa begegnet nach Kriegsende 1947 in Jerusalem dem gleichalten Palästinenser Mo, dessen Vater bei einem Terroranschlag getötet wurde. Ihre nächtlichen Diskussionen auf dem gemeinsamen Dach ihrer Häuser enden viel zu häufig ergebnislos. 75 Jahre später, im Jahr 2023, treffen die 18-jährige Wehrdienstleistende Anat und der Palästinenser Karim aufeinander. Deren Streitgespräche werden mit der gleichen Intensität weitergeführt. Dabei ahnen sie nicht, wie eng ihre Biografien miteinander verwoben sind. 

 

 

 

 

In vier miteinander verknüpften Lebenswegen, die auf zwei verschiedenen Zeitebenen angelegt sind, erzählt Anja Reumschüssel die Geschichte des Nahostkonfliktes von den Anfängen des Staates Israel bis hinein in die Gegenwart. Dramaturgisch geschickt kombiniert sind die historischen Fakten einer komplizierten Gemengelage mit den individuellen Schicksalen der Figuren. So werden Lesenden die oftmals abstrakten Zusammenhänge unmittelbar näher gebracht. Ohne Partei zu ergreifen oder zu bevormunden, gelingt es der Autorin, die Hintergründe und Komplexität eines scheinbar unlösbaren Konfliktes für Jugendliche erfahrbar und die Spirale der Gewalt nachvollziehbarer zu machen. 

 

Persönliche Anmerkungen zum Buch: 

 

1948, Gespräch zwischen Tessa und Mo: 

Tessa: „Das ist nicht mehr Palästina, das ist jetzt Israel.“ 

Mo: „Toll, und was bin ich dann? Israeli?! 

Tessa: „Was warst du denn vorher? Palästinenser?“ 

Mo: „ Ich bin einfach ein Araber. Nee, einfach ein Mensch. Wegen der Frage, wer zu welchem Volk gehört, schlagen wir uns auf der ganzen Welt die Köpfe ein. Das ist doch dumm!“ 

 

Gegenwart, Gespräch zwischen Karim und Anat: 

Karim: „Hast du Hunger?“ 

Die Soldatin Anat blickte ihn an. In dem Moment knurrte ihr Magen. 

Anat: „Boget“ 

Karim: „Was?“ 

Anat: „Verräter habe ich gesagt.“ 

Karim: Zu mir? Warum? Weil ich dich gefragt habe ob du Hunger hast? 

Anat: „ Nein, zu meinem Magen! 

Karim überlegte kurz. Und lachte laut los. Und die Soldatin, Anat, sie lächelte leise. 

 

 

Buchtipp von Christine – unbedingt lesen! 


Der beste Beweis bist du selbst

Debütroman von Jesmeen Kaur Deo / Arctis Verlag / 20,00 € 

Nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2024 

 

TJ Powar ist sportlich, beliebt und ein Ass im Debattierklub, in dem sie mit ihrer Cousine Simran meist im Team antritt. Als nach einem gewonnenen Wettbewerb das Siegerfoto der beiden zu einem fiesen Meme verunstaltet wird, das sich über Simrans Körperbehaarung lustig macht, ist TJ schockiert. Sie beschließt, ihre ganz eigene These aufzustellen: »TJ Powar kann ihr haariges Selbst und trotzdem schön sein.« Um das zu beweisen, wirft sie zu Hause Rasierer und Pinzetten weg, cancelt ihre Termine im Waxing-Studio und findet sich schon bald in wortwörtlich haarigen Situationen wieder. Doch ihre sonst so selbstsichere und schlagfertige Art beginnt zu bröckeln, als sie merkt, dass ihr Projekt sie weit mehr kosten könnte als den Platz zwischen ihren Augenbrauen. Es ist ausgerechnet Charlie, ihr härtester und nervigster Debattierkonkurrent, der ihr einige Argumente zum Beweis ihrer These liefert ... 

 

Persönliche Anmerkungen zum Buch: 

 

Zitat von TJ zum Begriff Innere Schönheit: „Ich schaue doch auch nicht auf einen muskulösen Gewichtheber und sage er habe äußere Intelligenz.“ 

 

Besonders berührt hat mich ein Dialog zwischen TJ und ihrer Mutter, dabei geht es um den Begriff Hirsutismus (übermäßiger Haarwuchs) 

TJ: „Wenn es keine Krankheit ist, warum gibt es dann einen medizinischen Begriff dafür? 

TJs Mom (Ärztin): Wahrscheinlich hat sich irgendein männlicher weißer Arzt die Bezeichnung ausgedacht, um Frauen wie uns benennen zu können.“ 

(…) 

TJ: „Aber ich sollte nicht meinen Körper verändern müssen, nur dass die Leute nicht schlecht über mich reden.“ 

TJs Mom: „Ich weiß. Aber die Welt ist grausam.“ 

 

!Achtung! Mein persönlicher Warnhinweis: Wenn du das Buch liest, werden deine Schönheitsideale womöglich auf den Kopf gestellt und dir wird der manipulative Einfluss der sozialen Medien noch bewusster! 

Das Buch könnte dir gefallen, wenn du gerne zu Poetry Slams gehst. 

 

Besonders lesenswert – auch für Jungs! 

 

Buchtipp von Christine


 

 

Viel Spaß beim Lesen! 📖